Wandel in St. Peter-Ording

 

Früher wurde das Leben der Nachbarn eines Ortsviertels durch Bührschaftsbeliebungen geregelt. Eine Bührschaft war ein Ortsviertel wie Olsdorf, Wittendün und auch Ording, eine Beliebung war eine Regelung oder Abmachung, die die Nachbarn sich gegeben hatten. Es gibt im Archiv von St. Peter eine solche Beliebung von 1849 für den Ortsteil Wittendün. Die Nachbarn regelten unter sich die gegenseitige Hilfe bei Feuer, Tod, Krankheit, Hochzeit und Taufe (Sitte des Kindskiek), aber auch die Ordnung der Wege (Stockrichter) und die Pflege des Schüttkobens, um entlaufenes Vieh dem rechtmäßigen Besitzer zurückzubringen. Später gründeten sie dann Vereine für ihre Interessen. Und dann gingen viele dieser Regelungen auf die Kommune über, aber ein Rest dieses nachbarschaftlichen Miteinander ist geblieben, beispielsweise das Manns- und Frunnsboßeln durch die Inladers. Die Nachbarschaft hat sich aber grundsätzlich geändert, und so auch viele Bräuche: Denn viele Häuser haben neue Besitzer, die ihr Haus wie eine Ferienwohnung benutzen. Selten stellt sich der Neubesitzer vor, selten gibt er den Haustürschlüssel ab mit der Bitte um Kontrolle des erworbenen Hauses. Die Nachbarschaft wird dünner und so auch der Zusammenhalt und damit das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Heute klagen wir über die Anonymität im Zusammenleben. Ähnliches geschieht auf der Ebene der gemeindlichen Organisation: Aus einer Kurverwaltung ist eine Tourismuszentrale geworden. Der Tourist steht an erster Stelle, für ihn wird geplant, weil es angeblich auch für den Einwohner von Vorteil ist. Aber ist Quantität an "toten" Ferienhäusern und Massen an Touristen nicht auch negativ? Kann es nicht auch bescheidener zugehen?

St. Peter-Ording, 05.09.2019

 Claus Heitmann