Vom Armenhaus zum Badeparadies

A)

Drei sandige Orte (Süderhöft – Ulstrup - Urden)

Gemeinsamer Kampf gegen den Sand bis 1900

 

 

Thema ist die Geschichte von Bad St. Peter-Ording, Nordseeheil- und Schwefelbad, die Entwicklung der Westküste von Eiderstedt zum wirtschaftlichen Zentrum der Halbinsel.

 

Normalerweise sind die „res gestae“ = die Tatsachen, die Basis der Geschichte. Das sind meist Katastrophen, Unglücke und Kriege mit Mord und Totschlag und Unglücke verschiedener Art. Sie werden von uns in einen Zusammenhang gebracht, bekommen einen roten Faden und werden unsere Geschichte. Es sind vorwiegend die negativen Ereignisse, die aufgeschrieben werden, Streitfälle werden dokumentiert; die positiven Ereignisse sind zwar schön, aber sie finden selten schriftlichen Niederschlag.

Der Anfang unserer Ortsgeschichte ist eigentlich ein Kampf gegen die Natur und endet mit einem Erfolg der Bewohner.

 

 

Die frühen Urkunden zu Eiderstedt.

 

Alle Chroniken versuchen so weit wie möglich in die Vergangenheit zurückzugehen. Für St. Peter und Ording sind es die lateinischen Urkunden [1]. Ich wiederhole sie, um einige Sachverhalte richtig zu stellen:

 

St. Peter liegt auf der Harde Utholm, die durch ihre Bodenstruktur als älteste Insel der Dreilande erkennbar ist. Sie wurde auch als erste Harde eingedeicht und im „Chronicon eiderostadense“ als „Spadenland“ bezeichnet.

 

1070 berichtet Adam von Bremen, dass Helgoland nicht weit von Utholm liege: „haud procul ab terre Frisia“ d.h. Utholm [2].

 

1104 erwähnt die erste konkrete Urkunde Eiderstedt, als das Bistum Hamburg - Bremen nach Lund in Südschweden verlegt wurde. Diese Urkunde ist das Mutterdatum für alle Kirchendaten der späteren Propstei Eiderstedt. Sie folgen alle diesem Datum, aber keine Kirche ist genau belegt.

 

1147 werden die Harden (Verwaltungsbezirke) Eiderstedts namentlich genannt und mit den „tribus navigiis iuxta Eidoram (den drei Schiffen an der Eider) verglichen.

(Von dieser Urkunde wird das Eiderstedter Wappen abgeleitet mit den drei Schiffen, die wiederum nicht drei Inseln entsprechen, sondern den drei Harden: Eiderstedt, Everschop und Utholm. Eiderstedt und Everschop sind nicht durch einen Wasserlauf getrennt, sondern 1435 durch eine Siethwende.  St. Peter und Ording gehören zur Harde Utholm, auch Süderhöft, heute Böhl.)

 

1198 schreibt Papst Innozenz III einen bitterbösen Brief an den Bischof von Schleswig und nennt unsere Gegend die „novella plantatio fidei“ = die neue Pflanzstätte des Glaubens. Er fordert die Strafgelder aus/von einer reichen Gegend mit 18 Kirchen. Das Christentum hat sich im 12. Jht. hier durchgesetzt.

 

 

Die erste Urkunde zu St. Peter stammt aus dem Jahr 1373.

 

Nach der Pest in Europa zwischen 1347 und 1350 ist der bedeutendste Handelsort an der Westküste - Rungholt - in der großen Mandränke von 1362 untergegangen. Sicherlich nicht nur, weil die Bewohner den Boden der torfhaltigen Marsch abgegraben hatten, um das friesische Salz zu gewinnen, sondern auch durch den großen Menschenverlust aufgrund der Pest und die Deiche nicht in Ordnung zu halten waren.

Die Urkunde von 1373 mit dem Namen:

sancti Petri in Ulstorpia in Utholm

 

Mit dem Untergang von Rungholt hatten die Hamburger Kaufleute ihren Handelsplatz verloren. Sie suchten sich neue Häfen und Handelsplätze an der Küste und fanden sie in den einfachen Einfahrten, den Entwässerungssielen der Landschaft und baten dort die Bewohner um freies Geleit, genauer und  - sicherlich besser - sie baten um Sicherheit bei einer Strandung.

So entstanden unsere ersten Urkunden: 1369 [3] mit der Harde Utholm in Tating (wahrscheinlich Brösumsiel) und 1373 mit „tota communitas parrochie [4] ecclesie sancti Petri in Ulstorpia in Utholm“ (mit der ganzen Gemeinde des Kirchspiels der Kirche St. Peter in Ulstorp in Utholm). Hier baten sie um sichere Unterkunft und regen Handel. Beides wurde ihnen gewährt.

 

Wir können mit Sicherheit annehmen, dass sie im Hafen von Süderhöved diese Sicherheit gesucht haben. 50 Jahre später - 1421 haben sie wieder mit St. Peter zu tun. Sie verlangen in einem „Zuversichtsbrief“ [5] ihre verlorenen Waren, - also die Rückgabe von verlorener Schiffsware oder ihres Strandguts - das sie in der Einfahrt der Eider verloren hatten. Aber: „Die Süderhöfter wissen von nichts“.

 

Mit diesen Bemerkungen haben wir den urkundlichen Eintritt zu dem heutigen BAD ST. PETER-ORDING, NORDSEEHEIL- UND SCHWEFELBAD.

 


 

1. Aus drei kleinen Orten entwickelt sich das heutige Bad

 

a) Gemeinsame Bedingungen

 

Die Westküste von Eiderstedt - unser heutiger Ort - ordnete sich in 6 Bührschaften [6], die jeweils von einem Etthingus (Ediger, später Lehnsmann) geführt wurden. Es waren St. Peter (Ulstorp), Brösum, Wetendün, Bole, Süderhovede und Urden [7]. Davon hatten nur Süderhovede, Ulstorp und Urden eine Kirche oder Kapelle und waren Kirchspiele.

 

Sie lebten (fast bis in unsere Zeit) getrennt und hatten wenig Kontakt untereinander, denn die Ausdehnung zwischen Marneweg im Süden und Nackhörn im Norden beträgt ca. 12 km (Tönning bis Garding). Sie sind erst mit dem neuen Wirtschaftszweig, dem Tourismus, seit ca. 1900 zu einem Ort zusammengewachsen.

 

Gemeinsam waren ihnen die Bodenbedingungen, d.h. das Land, das zur Hälfte aus fruchtbarem Boden bestand aber zur anderen Hälfte aus Sand und Heide. Die Wohlhabenden lebten in der Marsch, die Armen lebten in der Heide. Das Marschland war Volland und die Besitzer bezahlten die volle Steuergebühr. Das Land in der Heide war Halbland und die Besitzer zahlten die Hälfte oder bei Versandung gar nichts, denn meist war das Heideland auch gefährdet durch Wind und Wasser. Die Bewohner der Heide waren meist arm und wurden immer ärmer.

 

Um 1535 lebten hier ca. 1000 Personen (800 in St. Peter, 200 im Bereich Ording) [8]

Sie lebten 1535 in 172 Häusern, die Steuern zahlten und 57 Häuser, die höchstens Kopfgeld zahlen mussten. Diese 57 Häuser, also Ein Drittel waren meist Kirchspielhäuser, die von der Gemeinde verheuert/vermietet wurden. Und von ca. 1000 Bewohnern [9] waren 300 abhängig von den Besitzenden, wo sie als Arbeiter und Tagelöhner Geld verdienen konnten, aber von denen sie bei mangelnder Arbeit auch als Almosenempfänger unterstützt werden mussten. Für die Zeit bis 1900 kann man die gleiche Anzahl von Häusern und Bewohnern annehmen.

 

Das Meer wurde für diese Schicht eine wichtige zusätzliche Nahrungsquelle. Es ist aber falsch, diese Orte an der Küste als Fischerdörfer zu bezeichnen. Nur kurze Zeit konnten Fischer von ihrem Beruf leben, vielleicht kurz während der Störfangzeit 1880-1930 oder nach dem 2. Weltkrieg bis zur Sturmflut 1962 vom Krabben und Schollenfang.

Symbol für dieses Leben ist

die Skulptur "Jan und Gret".

 

b) Die drei Kirchorte: Süderhöft - Ulstrup - Urden

 

Süderhöft bis 1558

 

Süderhöft ist die südlichste Bührschaft, d.h. die kleinste Einheit, die von einem Etthingus (Eidinger später Lehnsmann) geleitet wurde. Der kleine Ort hatte eine Kapelle, die der Heiligen Maria geweiht war: die Marienkapelle.

 

Die Sturmfluten von 1533 und 1558 zerstörten den kleinen Hafen und den Deich. Das Salzwasser drang bis nach Garding, die Maria-Kapelle wurde zerstört und die Glocke der Kapelle kam nach St. Peter. Die Eigenständigkeit des Ortes ging verloren, denn gerade St. Peter hatte nach der Reformation an Bedeutung gewonnen.

Noch lange bestand auf dem Platz der ehemaligen Kapelle ein Friedhof, - heute in der Nähe des Golfplatzes - der für Strandleichen und Landstreicher genutzt wurde.

In Süderhöft gab es den einzigen zugänglichen Hafen, der bis ins 19. Jht. noch Hafengebühren für den Hafenmeister in Tönning einbrachte.

Schon im 17. Jht. wird die Einfahrt in die Eider durch eine Quermarkierung erleichtert. Dort steht seit 1884 der heutige gemauerte Böhler Leuchtturm.

Die Bührschaft Böhl hatte keine Kapelle; sie wächst mit Süderhöft zusammen, übernimmt aber immer häufiger den Namen für das südliche St. Peter.

 

1825 bricht bei Süderhöft der Deich und das Salzwasser setzt das westliche Eiderstedt bis

Garding unter Wasser [10].

1976 drohte der Deich dort wieder zu brechen. Danach begradigte man die Deichlinie und schaffte neues Land.

 


 

2. Ulstrup wird St. Peter

St. Peter ist der heutige Hauptort, aber der Name des Verwaltungsortes war Ulstorp.

Für den Wandel des Namens gibt es zwei Gründe:

 

a) Auf einer Karte von J. Meyerus 1648 wird ein verlorener „Ulstrup Orth“ vor der Küste angegeben und in der Steuerliste über das Cathedraticum von 1462 steht die Bemerkung:

der Bischof hat dort 126 Demat „residuum destructum per arenam“ (Der verbleibende Rest ist durch Sand zerstört) [11].

Möglicherweise ist ein Teil des Dorfes Ulstrup versandet.

 

b) Die Kirche hatte eine gewisse Berühmtheit, als 1445 der Amtmann Otto Spliet vor der Kirche auf dem Thingplatz Gericht hält und 7 seiner Knechte von den Utholmer Bauern beinahe erschlagen werden.

 

In dieser Revolte gegen den Herzog war der Gerichtsort vor der Kirche „to Sunte Peter“ in aller Munde. Im Gericht protokollierten „Dinghörige“ den Fall, die Verhandlung geschah mündlich, denn nur der Amtmann konnte schreiben und so redete man von dem Gerichtsplatz und dieser wurde der Ortsname. Er ist als Straßenname in „Olsdorfer Str.“ noch vorhanden.

 

Nach der Reformation werden in St. Peter die Diakone bekannt, die hier als Lehrer und Küster wirken. Es sind teilweise Schüler von Luther und Melanchthon: Berend von Horsten (1560-1593) und Jacobus Bornholt (1593 - 1617).

Die Reformation hatte hier tüchtige Vertreter und sie bauten 1555 ein erstes Pastorat und eine Schule.

(Im Protestantismus ist die Sprache wichtig, denn die Lehre wird von der Kanzel verkündet und die Mitglieder sollen alle lesen können, um die Schrift zu verstehen,  daher die Wichtigkeit der Schule.)

 

1623 kaufen die „Consorten von St. Peter" die Vorländereien von Süderhöft bis Ording von Matthias Tipothius, dem ersten Deichgrafen von Eiderstedt. Es handelt sich um die Kirchenleye.

1634 bricht der Deich in Westmarken und schafft die drei Wehlen, von denen nur noch eine als Wehle vorhanden ist.

1863 wird die Ordinger Kirche mit St. Peter zusammengelegt.

1967 werden Ording und St. Peter eine Gemeinde.

 

 

Urden wird das heutige Ording

Die Anfänge von Ording sind dunkel. Im (Liber censualis) Zinsbuch des Bischof von Schleswig, in dem die verlorenen Kirchen von 1352 aufgeführt werden, steht nur „Orden omissa“ (Ording aufgegeben). In späteren Steuerlisten über das Landgeld (das „Terragium“) wird Ording nicht erwähnt, sondern teilweise mit „Sunte Peter“ zusammen veranschlagt.

1593 haben wir die Erwähnung, dass Ording sein Karspelrecht wieder bekommen habe. Das bedeutet, dass der Ort wieder vollständig ist, auch einen eigenen Lehnsmann und eine Kirche hat. Der Platz dieser zweiten Kirche ist heute durch einen Duckdalben auf der Sandbank markiert. Sie stand im Mittelpunkt eines kleinen Dorfes von sieben Häusern und war umgeben mit 37 Feldern und Äckern, die durch wandernde Dünen versandeten und unfruchtbar wurden.

Als 1724 die heutige dritte Kirche gebaut wird, sind nicht nur die Kirche, sondern ein ganzes Dorf mit Kirche und Friedhof verloren gegangen.

 

Die heutige Deichlinie ist

E-D-C-B-A

Die Sandverwehungen gehen weiter und

1789 wird die Rücknahme der Deichlinie vorgenommen und 1790 ein Teil des Deiches gebaut.

1825 nach der Sturmflut mit drei Toten folgt der Deichbau für die Strecke von Nackhörn bis zum Grudeweg.

1863 kommt Ording kirchlich zu St. Peter und

1967 auch verwaltungsmäßig wird Ording mit St. Peter vereint, als das Wellenbad gebaut werden sollte.

 

Zusammenfassung:

Jeder der drei Orte hat gegen den Sand zu kämpfen.

Süderhöft verliert die Kirche, behält den Friedhof.

St. Peter verliert das Dorf Ulstrup, behält die Kirche.

Urden verliert zwei Kirchen und den Friedhof.

 

Nachwirkung:

Die drei Orte sind im Wappen von St. Peter vertreten:

St. Peter: Schlüssel (Petrus), Ording: Stern (Nikolaus), Süderhöft: Halbmond (Maria)

Sturmfluten und Sandverwehungen haben aus den Bührschaften Armenhäuser gemacht.

 


 

3) Gemeinsamer Kampf gegen die Not, die Versandung und den Landverlust

 

a) Für die Zeit bis 1900 sind die drei Orte eingebunden in die Geschichte der Landschaft Eiderstedt. Alle „res gestae“, alle Ereignisse; Kämpfe und neuen Gesetze der Landschaft betrafen in verdünnter Form auch die kleinen Dörfer an der Westküste:

 

- Die Sturmflut von 1634 macht die drei Wehlen am Westmarker Deich; 56 Menschen ertrinken und die Nordspitze von Ording geht verloren.

 

- In der Dithmarscher Fehde 1400- 1430 gibt es Klageschriften, in denen sich Ording und Büsum bekämpften (sie stehlen Schollennetze oder setzen sich ihre Schiffe auf Grund [12].

 

- In den Kriegen und Plünderungen durch fremde Kriegstruppen werden sie oft verschont, weil in dieser Sandwüste nichts zu holen war.

 

- In Steuerdingen (Pfluggeldern, Landgeldern und Donativen) unterstehen sie dem Pfennigmeister der Westküste; Ihr Beitrag zu den steuerlichen Leistungen beträgt meist ein Siebtel.

 

- Sie befolgten das Eiderstedter Recht von 1572 und sind Mitglied der kleinsten Propstei.

 

- In Ording überwintern die „Hilligelanders“ Fischer, die bei Helgoland die Heringe fischen und die im Winter in St. Peter und Ording überwintern.

 

- 1774 gibt es in Ording einen spektakulären Strandungsfall, der über den Staller geschlichtet werden muss. Aber alle Ordinger Bürger bekommen ihren Anteil.

 

- Zwischen 1880 und 1930 fangen die Fischer in der Hever und in der Eider Störe. Sie verkaufen das Fleisch und den Kaviar nach Altona. Die Fänge sind aber nicht so groß, dass sie davon leben können.

 

b) Entscheidend ist aber für die Küstenorte der Kampf gegen die Versandung.

 

Die alten Deich-Regelungen erforderten seit 1466, dass „jeder bei seinem Deiche bleiben solle“, d.h. Jeder Koog oder Ort für seinen Deich verantwortlich sei. Das bedeutete, dass Süderhöft, St. Peter und Ording für die Verteidigung des 12 km langen und breiten Dünengürtels verantwortlich waren. Da standen die St. Peteraner auf verlorenem Boden und waren ohnmächtig gegen den Sand, die Sandverwehungen und das Wasser.

Als allerdings - wenn auch spät - auch die Landschaft Eiderstedt selbst, also Tating und Garding von den Fluten bedroht wurden, da in Ording die Dünen nicht mehr den Küstenschutz gewährleisten konnten, wird ihnen durch die genossenschaftliche Regelungen des Deichbaus geholfen.

 

Aber lassen wir zwischendurch mal einen Zeitzeugen reden.

c) Der Lateinschullehrer Friedrich Volkmar aus Garding 1795 hat über die konkrete Situation an der Westküste in seinen „Briefen aus Eiderstädt“  geschrieben:

 

S. 134 „ Wir haben sichre Data, aus denen sich schließen lässt, dass der größte Theil der Dünen, die jetzt nahe an unserem Land liegen, in älteren Zeiten wenigstens 3 Meilen von uns entfernt waren. Sie werden uns auf diese Art immer furchtbarer, und nicht genug, daß sie zum Theil aufgehört haben, an der Westseite unserer Landschaft die Stelle der Deiche zu vertreten, und auf diese Art nützlich zu seyn bedecken sie nun noch den fruchtbaren Marschboden mit einer hohen Lage Sand, daß sie ihn immer mehr unbrauchbar machen.....Man glaubt sich in die Sandwüsten Arabiens oder in die tartarischen Steppen versetzt zu seyn [13].

 

In dieser Situation schreibt der Gemeinderat von Ording an den dänischen König Friedrich IV, der seit 1713 der Landesherr über die Eiderstedter ist und dem die Eiderstedter 1721 in Tönning gehuldigt haben.

Als absolutistischer Herrscher hat er die Eiderstedter Privilegien ein wenig einengt, aber als treusorgender Herr setzt er sich auch für seine Untertanen ein. Der dänische Staat wird für den Küstenschutz zuständig, gleichzeitig herrscht er egoistisch in Eiderstedt: Er ermöglicht die Octroyierten Köge und beansprucht die Vorländereien für sich.

 

Die Fluten von 1717 und 1718 vernichten den Deichschutz vor Ording. Es gibt 80 Deichbrüche und das Land wird bis Tating unter Wasser gesetzt und die Ländereinen versanden. Ording verliert 200 ha fruchtbares Land.

Da die Sandverwehungen an der Ordinger Küste den Ort bedrohen, schreibt die Gemeinde 1720 einen Bittbrief an den König (Friedrich IV).

 

Dieser Brief verdeutlicht die Situation in Ording: durch die Sandverwehungen verliert Ording Kirche, Pfarr- und Schulhaus.

Die Versetzung der Kirche wird notwendig:

 .. erlauben wir uns Eur königl. Majest allerunterthänigst vorzutragen, befinden wir uns genöthigt, wie daß, weilen wir nahe bei deren Sanddünen wohnen durch die West- und Nordwestwinde der Sand auf unser Land und Häuser gejaget werde, also dass nachgerade viele Äcker im Grund verdorben, sondern auch schon fast 10 Häuser, um dem Ruin zu entgehen, weiter landwärts versetzet werden müssen, und dass unsere Kirche endlich auch von dem hereinbrechendem Sande dergestalt verschüttet und bedrohet werde, dass selbige nun nicht mehr zu gebrauchen, sondern an einem anderen Ort, besser ins Land hin verleget und samt einem Pfarrr- und Schulhaus, wo sonst der Gottesdienst fortgesetzt werden soll, auferbauert werden muss, wie der Herr Ambt. Inspektor Jessen, welcher solches nebst der Landschaft neulich in Augenschein genommen, nicht anderes bezeugen kann.

Wann aber die Gemeine nur aus etwa 50 Häusern und Hütten besteht, und ganz verarmt ist, dass sie zu Versetzung der Kirche und Erbauung eines Pfarrhauses nichts aufbringen kann, -solches auch allen Eingesessenen der Landschaft Eiderstedt bekannt- und selbiges deswegen schon ab 1712 resolvieret hat, zwei Mark von jedem Pflug uns zu Hülfe zu geben, lautet, welches aber durch die unmittelst eingefallenen Kriegstroublen verhindert und hat bis dato nicht zu Stande kommen können.

 

Als flehen Eur Königl. Mayst wir hier mit allerunterthänigst an, nicht allein dass die Landschaft Eiderstedt die versprochenen 32 Schilling a Pflug uns gebe möge, sondern, weil solche zur Versetzung der Kirche und Erbauung eines Pfarrhauses bei weitem nicht zureichen werden, die hohe königl. Gnade uns zu ertheilen, dass in dero beiden Fürstenthümern Schleswig-Holstein wir die Becken vor den Kirchenthüren aussetzen und von den frommen Herzen eine Beysteuer sammlen, auch von deren bei Ording gestrandeten Stücken Holze und Bretter etwas erhalten mögen. Wie nun ohne solche Beyhilfe unser Gottesdienst nicht ferner fortgesetzt werden kann: so wollen allergnädigste Erhörung wir uns umb soviel eher ge ?? als Eur Königl. Mayst.

 

Husum d, 28. Mayi 1720

 

1724 wird die Kirche von Ording gebaut, aber nicht das Pastorat und nicht die Schule

 

d) Dünenschutz ist Küstenschutz und Landschaftsschutz.

 

Die Landschaft wird bedroht und der Staat greift ein.

Im 18 Jh. sind es die Sturmfluten von 1751 und 1756, die große Deichschäden besonders in Ording verursachen. Nun muss der Staat eingreifen und einen neuen Deich bauen, indem das unfruchtbare Dünengelände ausgedeicht wird.

 

Die Landmesser Marxen und Schipper machen eine Bestandsaufnahme 1769 und 1789, bestimmen die Strecke des neuen Deiches, der auch 1790 errichtet wird. Durch die neue Deichlinie geht ca. 200 Demat contribuales Land verloren. 7 Häuser verlieren ihr Land und werden nur zum Teil hinter dem Deich wieder aufgebaut. Der Deich kann an dieser Stelle nur durch Soden und Bestick mit Strandhafer befestigt werden, da kein Kleiboden vorhanden ist.

 

Aber schon 1825 erfolgt die nächste und letzte große Sturmflut mit beträchtlichen Deichschäden und drei Toten in Ording. Die neue Deichlinie im Norden muss verstärkt und bis zum Grudeweg verlängert werden.

Aber da der Schaden auch durch das unvernünftige Verhalten der Bewohner entsteht, erlässt der dänische König 1827 das Patent zum Schutze der Dünen und sendet einen Unteroffizier mit 8 Soldaten nach Ording, um den Dünenfrevel zu verhindern [14].

(Wer mit Messer angetroffen wird, wer seine Schafe in die Dünen schickt und wer die Wurzeln des Strandhafers herausreißt, wird mit Gefängnis und bei Wiederholung mit Zuchthaus bestraft.)

 

Der Dünenschutz wird den Ordingern und St. Peteraner aus der Hand genommen und kommt in die Hände des Staates in Form der beamteten Deichgrafen.

Diese planen auch den dritten Schritt zur Sicherung der Westküste durch Bewaldung und Aufforstung. Nach einigen Versuchen mit anderen Baumarten, stellte man fest, dass die Kiefer „pinus austriacus“ am besten gedeiht. Die Bewaldung und Aufforstung beginnt bei Süderhöft und wandert mit unterschiedlicher Intensität bis 1877 nach Ording. Dieser Wald ist heute die Besonderheit der Westküste, aber er ist in der Hand des DHSV. Der Eiderstedter Verband besitzt 245 ha Dünengelände, über die der Bürgermeister von St. Peter-Ording nicht verfügen kann. Er nutzt ihn heute als eine Art Kurwald, für die TZ, die

70 000 Euro jährlich Nutzungsgebühren zahlen muss.

 

1892 wird in einem Prozess allerdings der fruchtbare Teil der Kirchenleye den Gemeinden St. Peter und Ording zugesprochen. Da 1892 die Gemeinden noch getrennt leben, teilen sie sich das Gebiet auf: 1/3 Ording, 2/3 St. Peter mit Westmarken.

 

Der Kampf in der Armut

Der Kampf gegen das Wasser und den vernichtenden Sand war im Grunde für die Menschen, die hier lebten ein Kampf gegen die Armut und den Hunger.

Das tägliche soziale Leben war von Not geprägt war. Zahlreich und vielseitig sind die Bemühungen von dem Kirchspiel und der Kirche gegen die Armut:

 

Neben dem Pastor gibt es den Armenvorsteher, der die Gelder für die Armen verwalten musste;

- Es werden steuerliche Armengelder a Demat zur Verpflichtung

- Freiwillige Almosen enden mit der Reformation, da das Prinzip „DO ut DES“ nicht mehr funktioniert     trotzdem bittet man um Almosen in Form des Klingelbeutel,

- zwischen 1713 und 1865 werden 235 Verordnungen gegen Armut, Betteln und Landstreicherei erlassen. (Man wollte den Hausarmen helfen, nicht aber den fremden Bettlern)

- Strafgelder wurden für die Armen verwendet.

- 1843 erfolgte Bau des „Grothus“,des Armenhauses auf der Bövergeest,

- Sperlingsköpfe wurden gesammelt und vom Lehnsmann belohnt,

- Strandgut wurde versteigert,

- der Schuster bekam Leder, der Weber bekam Rohmaterial, um arbeiten zu können,

- die Hebamme ließ einen Teller kreisen,

- und auch das Weihnachtssingen der Kinder war eine Form von Betteln oder Armenversorgung,

- Kleinkinder werden „in die Kost“ gegeben,

- der Pastor Diekmann übernimmt auch das Amt des Lehrers; da die Gemeinde - - Ording keinen 2. Beamten tragen kann;

- ein Pastor von St. Peter wandert nach Amerika aus und wird dort Postbote;

- und immer wieder musste der Pastor an den Armenrichter kleine Zettel verteilen, damit der Müller an die hungernden Familien Getreide verteilt, das die Gemeinde bezahlt.

- Die Fettviehgräsung im 19. Jht. In Eiderstedt verringerte die Arbeitsmöglichkeit und vergrößerte die Armut, so dass viele versuchten auszuwandern.

 

Einen Vorteil hatte die entfernte Lage und die Armut: sie verschonte den Ort von Plünderungen bei kriegerischen Überfällen.

 

In dieser Situation am Ende des 19. Jht. gab es den Lichtblick durch den entstehenden Tourismus

 

[1]  RUSH 1104; 1147, 1198

[2]  Non procul ab terre Frisia Helgolandia est   Adam von Bremen

[3]  RUSH, 1369 und 1373

[4]  Parochia = Sprengel eines Bischofs (kirchliches Land) => Kirchspiel, der kirchliche Bereich, wo der Priester das Reden hatte im Gegensatz zum Verwaltungsbereich des Patriarchen.

[516. Oktober 1421 Zuversichtsbrief (Lübecker Urkundenbuch 359)

[6]  Bührschaft = Nachbarschaftsbeliebung für gegenseitige Hilfe

[7]  Zinsbuch des Bischofs 1462/3 vgl. Hansen S.

[8]  (St. Peter mit Süderhöved. 131 Häuser, 6 Holländere und 44 Insten oder Kätner

       Ording hat 51 Häuser 13 Kätner oder Insten)

[9]  Die Zahl ändert sich kaum bis 1900 (z.B. 1883 168 Häuser)

[10]  Hamkens in Blick über Eiderstedt 4 S.

[11]  Liber censualis 1462/3 (Hansen S. ?)

[12]  A.A. Panten „Klageschriften“

[13]  K. Volckmar „Briefe an einen Freund aus dem Eidrstädnischen“ Garding 1795 S. 134

[14]  O. Hintze „Die Bepflanzung und Aufforstung des Dünengeländes von St. Peter und Ording“ Garding 1933

 


B)

Aus Sand wird Gold

Der Wandel nach 1900 - heute.

 

Nach dem Sieg über Frankreich 1870/71 erfolgte in Deutschland ein wirtschaftlicher Aufschwung, der auch bis an die Nordseeküste reichte. Er wurde unterstützt durch die hohen Reparationsleistungen, die die Franzosen zahlen mussten. In Form von Aktiengesellschaften wurden neue wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen. Diesen Weg nutzte man auch in St. Peter. Man sammelte Aktien und baute an der Küste das erste Hotel 1877.

 

Zuvor hatte sich jedoch ein Bewusstseinswandel ereignet. Das Verhältnis zum Meer hatte sich geändert. Bis 1800 ca. galt das Meer als der Feind und als eine Gefahr für den Menschen. Das Meer wurde gefürchtet. Man vermied das Wasser, denn an der Küste geschahen die Unglücke und Katastrophen in Form von Sturmfluten und galten als Strafen Gottes.

 

(Zahlreiche Verhaltensweisen deuten auch heute noch auf ein ängstliches Verhalten zum Meer: man soll an Bord nicht pfeifen, immer muss ein Schuss/Schluck Alkohol für Rasmus geopfert werden, und Seeleute wollen das Schwimmen nicht lernen, weil es den Tod im Wasser verlängert.)

 

Ab 1800 wurde das Meer positiv gesehen. Es wurde Quelle der Gesundheit, der Erholung und der Freude. Initiator für ein neues Verhalten waren die Engländer, die auch die Berge in dieser Weise entdeckten. Das Meer galt nun als Erholungsort und es entstanden Badeorte:

In Deutschland begann es 1816 mit Cuxhaven, es folgte Wyk/Föhr 1819, Westerland gibt es seit 1855 und Büsum seit 1888;

In St. Peter hat man sich auf 1877 geeinigt, auch wenn es schon vorher vorsichtige Anzeichen gab.

 

1838 soll in Brösum das erste Sonntagsvergnügen stattgefunden haben.

Aber 1865 wohnte der 1. zahlende Gast der „Lehrer Lange aus Dresden“ bei Cornils in Ording. (1872 errichtete Peter Wilhelm Jens ein Zelt-Haus bei Köhlbrand, aber er galt als Spinner und seine Voraussage, dass im Badewesen die Zukunft des Ortes läge, wurde nicht ernst genommen.)

 

1877 entstand das heutige BAD an der Nahtstelle zwischen Ording und St. Peter, die in der Anfangszeit noch getrennt marschierten, Es war ein mutiger Anfang, der mit der Hilfe von weitsichtigen Hamburgern geschah, die Ideen, Geld und Mut mitbrachten. Man muss bedenken, dass die Anreise von Hamburg damals 20 Stunden dauerte. Das Geld für das erste Logierhaus wurde durch eine Aktiengesellschaft beschafft, unterstützt durch die Honoratioren der Landschaft Eiderstedt, vor allem durch den Deichgrafen Hamkens, der zur gleichen Zeit auch die Dünenlandschaft mit Heide und Aufforstung sichern wollte.

Der Start für den Tourismus war schwer, denn die Logierhäuser und Hotels von St. Peter - Bad lagen an der äußersten Peripherie von Eiderstedt und die Hoteliers mussten sich um eine Rundumversorgung ihrer Gäste kümmern. Es galt die Unterkünfte und das Badeleben zu organisieren.

Die ersten Unterkünfte waren einfache Logierhäuser. Es folgten bald Hotels und Privatvillen. Für das Badeleben konstruierte man Badekarren und beschäftigte im Sommer Badekarrenwärter. Für das Badeleben stellte man Wäschefrauen ein, die das Badezeug brachten, wieder mitnahmen und für den nächsten Badegang vorbereiteten.

Als besonderen Service hatte man eine Porrenfrau, die mit der Gliep die Krabben (Porren) fischte, sie kochte, auspulte und sie abends als kostenloses Hors d´óeuvre präsentierte.

Im Dorf selber waren die Hoteliers bei den Handwerkern gut angesehen, da sie neue Arbeitsmöglichkeiten boten. Auch die Frauen und Mädchen fanden Arbeit in den Hotels und in der Küche. So begann auch die Privatvermietung im Dorf nach und nach; zuerst zögerlich, aber bald suchten die Gäste den persönlichen Kontakt und eine Unterkunft in den Privatquartieren. Die Vermieter verbesserten die eigenen Häuser und es herrschte der „Anbaustil“: alle Häuser, die vermieteten, bauten eigene Veranden für den Aufenthalt bei schlechtem Wetter.

Die Landwirte, die damals noch den Gemeinderat beherrschten, sahen der Entwicklung skeptischer zu. In ihren Augen hießen die Hoteliers die Hungerleider. Der Gemeinderat von St. Peter verweigerte den Ausbau der Straße vom Dorf St. Peter ins Bad, die heutige Badallee. Der Ausbau wurde schließlich mit dem Argument bewilligt, dass man die Steine der Straße später bei einer eventuellen Pleite auch für den Hausbau verwenden könne.

 

Was war der Grund für einen Nordseeaufenthalt?

In den ärztlichen Abhandlungen der Zeit war das Reizklima des Meeres en vogue. Es war Mode an die See zu fahren, wie es die englische Königin Viktoria als unverheiratetes Mädchen vorgemacht hatte.

 

Das Nordseeklima als Heilmittel und die Sorge um die Gesundheit waren das Hauptmotiv für eine Reise an die Nordsee. Die Klimazonen, das Wasser und der Wellenschlag, der Wind und die Abhärtung sind die die frühen Hinweise in den ersten Prospekten. Die frühen Prospekte sind allerdings noch voll von Hinweisen auf ein vorsichtiges Verhalten.

 

Ein für St. Peter glücklicher Zufall gab weiteren Aufschwung:

Als 1892 die Cholera in Hamburg grassierte, kamen viele Hamburger aus Gesundheitsgründen nach St. Peter. Sie blieben nun länger als 6 Wochen und schafften ein Fundament für den Kurort. Die Gesundheit wurde zum Hauptgrund für einen Aufenthalt an der Nordsee.

 

Das schlug sich nieder in einigen Bauten:

1892 entstand das Hotel „Wilhelminenhöh“ für Lungenkranke und wurde als Lungenpflegeanstalt errichtet. Man könnte es als die 1. Klinik bezeichnen.

Schon 1911 baute die Hamburger Schiffswerft und Reederei Köhlbrand das erste Kinderheim zur Erholung der Kinder.

Am wichtigsten war die Niederlassung der Ärzte Richard und Felicitas Felten, die 1913 das Sanatorium „Goldene Schlüssel“ gründeten. Die Anwesenheit eines Arztes gab den Besuchern die Sicherheit einer ärztlichen Versorgung.

Kindergärtnerinnnen aus Hamburg sahen die Möglichkeit, sich als Frau selbständig zu machen und sie bauten Privatkinderheime für Dauerkinder, z. B. das Kinderheim Bergedorf.

1928 gründete Frau Käte Oppel die Mittelschule Oppel, gedacht für kranke Dauerkinder, die auch noch schulpflichtig waren.

 

Das Badeleben auf der Sandbank begann 1911 mit der Giftbude. Da der Strand vor den Dünen versandete und verflachte, wünschten die Gäste auf der Sandbank zu baden.

Fischer trugen sie in die Boote und setzten sie über den Priel. Der begehrteste Träger war Paul Kühl.

 

1926 war die Seebrücke fertig, die im selben Winter durch eine Eisflut vernichtet wurde, aber gleich wieder aufgebaut wurde. Am Strand folgten die anderen Strandbauten mit Wäschefrauen und Badewärtern, die selbst nicht schwimmen konnten.

1938 errichtete Julius Bialek die erste Arche Noah, das erste Restaurant auf der Sandbank

Für die Unterhaltung der Gäste bemühte man sich um „Reunion, Vorträge, Strandgymnastik, Lustfahrten, Strandburgenbau und Seehundsjagden.

 

Der Ort wandelte sich. Er wurde interessant für die Eiderstedter, denn die Fremden nahmen sich Freiheiten heraus, brachten komische Mode mit und ein zu freizügiges Verhalten.

Ein allgemeiner Witz für die Umgebung war die Kur der Askese im „Goldenen Schlüssel“:

„weni eten, veel lopen un nakt inne Sünn“ war der Gegenpol zu „eeten, freten, supen, langsam gahn un pupen..... dat sleit an.“

 

Der Verkehr nach St. Peter wurde 1932 durch den Bau der Eisenbahn erleichtert. eine ABM Maßnahme, gefördert durch den Land Reeder.

Das gemütliche und weitgehend dörfliche Badeleben dauerte bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. St. Peter war bis 1939 auf 2000 Bewohner angewachsen.

 

Wie überall in Deutschland war der Krieg 1939/45 ein gewaltiger Einschnitt . In St. Peter richtete man ein Militärisches Ausbildungslager ein. Eine Jugendherberge gab es für die Jugendlichen und Heime für die Bevölkerung durch die Aktion „Kraft durch Freude“, entstanden in dieser Vorkriegszeit.

Schon bald war St. Peter der Aufenthaltsort für Kranke, Verwundete, Verletzte, aber auch für Ausgebombte, Altersheime und Heime für werdende Mütter. Gegen Ende des Krieges wurden Köhlbrand und Kurhotel Lazarette für die Verwundeten.

Der große Ansturm kam gegen Ende des Krieges 1944/5

Es kamen die Kindergruppen aus der Landverschickung und sieben Berliner Schulen mit ihren Lehrern; zuletzt die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten.

Die Bevölkerungszahl stieg auf über 4000. Im Sommer 1945 lagen wohl 200 000 internierte deutsche Soldaten aus der Nordarmee in Eiderstedt.

 

Der Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg war nicht leicht:

Nach 1948 versuchten die Hoteliers ihre Hotels von den Flüchtlingen zu befreien, um selber wieder vermieten zu können. Umsiedlungsaktionen in den Süden von Deutschland erleichterten die Situation. Die Lager Pelikan und Böhl wurden aufgelöst.

Der Ort erholt sich: 1949 erfolgt die Anerkennung als Heilbad und die ersten Siedlungshäuser werden gebaut. Der eigentliche Aufschwung kam aber durch die Kuren für die Kinder. Kinderheime und Kindergruppen werden das große Geschäft. St. Peter gilt als gesundes und ungefährliches Familienbad.

Daraus entwickeln sich Kuraufenthalte mit Anwendungen.

Die Kurverwaltung richtet sich darauf ein:

Prophylaxe ist das Schlüsselwort. Vorbeugung, Stärkung und Abhärtung für den Winter sind die Motive, um nach St. Peter zu kommen. Die Kurverwaltung richtet sich darauf ein und baut das Kurmittelhaus. Als das Wellenbad 1957 gebaut werden soll, findet man in St. Peter-Ording eine starke Schwefelquelle und SPO wird nun ein Schwefelbad und macht damit Reklame: Bad St. Peter-Ording, Nordseeheil- und Schwefelbad

 

Ein Einbruch in Kurbetriebe erfolgt um 1970, als die Kuren nicht mehr bewilligt werden. St. Peter sucht neue Wege und geht zuerst den Weg: Bau der Hochhäuser mit Ferienappartements z.B. Dünenbake, Atlantic, Luv und Lee; wechselt dann aber in den Bau von Kliniken. Es entstehen ab 1980 fünf große Rehabilitationszentren.

Gleichzeitig entsteht der Bedarf an Möglichkeiten für kürzere Übernachtungen, nicht mehr die Woche ist die normale Urlaubszeit, sondern drei Tage, d.h. der Bedarf an Hotelbauen wird größer.

Das Bad wird individuelles Erholungsbad.

Ein typisches Bild ist: junges Paar, mit Kind(er) und Hund. Der junge Gast orientiert sich selber und schaut auf das Angebot. Die behäbige Kurverwaltung wandelt sich in professionelle Tourismuszentrale.

 

Inzwischen ist Bad St. Peter-Ording neu entdeckt worden:

- als gesunder, sicherer Krisenort

- modernisiert durch Buhne, Brücke, Dünentherme und Saunen

- mit leichter Erreichbarkeit

- modernes Niveau der Hotels: Strandgut, BeachMotel, Zweite Heimat

- gehobene Angebote in Restaurants und Ausstattung

- als hundefreundlich

- als ruhiger Alterswohnsitz; 50 plus,

- als Spekulationsobjekt; Golde/Schneider/Erichsen