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Wenn man im Sommer bei schönem Wetter und am Wochenende den Ort beurteilt, kommt man zu einem negativen Ergebnis: Autos verstopfen den Verkehr, Radfahrer kennen keine Verkehrsregeln und Fußgänger betrachten sowieso die Straße als ihr Revier.

 

Die Fülle gilt als ein Zeichen von Erfolg, je mehr Menschen ankommen, umso besser ist die Veranstaltung. So wird gedacht. Aus diesem Grund werden Events veranstaltet, sportliche oder musikalische Veranstaltungen geplant, die Menschen -meist Jugendliche- anziehen sollen und auch anziehen. Aber muss das so sein?? Müssen wir "Wacken" nachmachen? Warum die Events, warum die Quantität, warum ist die Zahl das Kriterium? Wird vor allem auf die Jugendlichen gezielt, weil sie später Gäste werden?

 

Sieht ein erholsamer Urlaub nicht anders aus? Wird nicht eher Ruhe, Erholung, Entspannung, also Qualität, Lebensqualität gesucht?  Viel Geld wird für ein gemütliches Domizil, eine gemütliche Wohnung ausgegeben. Sollte nicht auch der Ort eine gemütliche Wohnung sein??

Brauchen wir zwei Veranstaltungszentren? Die Buhne und den Strand?

Genügen nicht die Sturmfluten im Winter?

Brauchen wir auch noch Menschenfluten?

 

Die Bewohner von St. Peter-Ording

  • Es gibt eine kleine Schicht von Uralteinwohnern, die eine alte, lokale Verbundenheit zeigen. Sie sind als Ehrenamtler in Vereinen, der FFW, Kirche, DRK und AG tätig;
  • dann gibt es die abgeschlossene Schicht der studierenden Berufe, Ärzte, Rechtsanwälte und Lehrer, die politisch nicht in Erscheinung treten, sondern ihr isoliertes Leben genießen;
  • und es gibt "die-von-den-Gästen-leben", die Hoteliers, die Geschäftsinhaber und auch Vermieter. Für diese Klientel arbeitet die Tourismuszentrale;
  • Schließlich beherrscht eine kleine Zahl der Makler und Baulöwen, die den Ort und ihn nur als Geldquelle benutzen;
  • schon verlassen hat St. Peter-Ording die Gruppe der Angestellten und Arbeitenden, die weitgehend als Pendler arbeiten müssen, weil sie die teuren Wohnungen nicht bezahlen können und die innerlich in Distanz zum Ort stehen.

Natürlich gibt es Überlappungen jeglicher Art. Erstbewohner und Zweitwohnungsbesitzer verteilen sich auf alle "Klassen".

 

Es herrscht eine kapitalistische Grundstruktur:

Veränderungen werden nach Wirtschaftlichkeit gestaltet. Hier geht die Kirche mit schlechtestem Beispiel voran: Köhlbrand ist tot, weil es sich für die Kirche nicht lohnt. Eine Dorfstraße wird nicht beruhigt, weil nur das Geschäft im Vordergrund steht; Altersgerechte Alters-Wohnungen sind nicht bezahlbar, Grundstücke haben exorbitante Preise, die nur von Zuwanderungen bezahlt werden können.

 

St. Peter-Ording ist kein Dorf mehr. Von ca. 1000 Einwohnern um 1900 ist der Ort auf 8000 gewachsen (3800 Erstbewohner, 4200 Zweitwohnungsbesitzer), die im Sommer 25000 Gäste zu verkraften haben.

 

Die Elemente eines Dorfes gehen verloren: Solidarität und Nachbarschaft -Kontrolle (Neugier "schludern")-, gemeinsame Gestaltung, Kirche in der Mitte, Geschichtsbewußtsein, Vereinsleben, Ehrenamtlichkeit.

 

Der neue Badeort St. Peter-Ording: Eigeninteresse, Anonymität, Gleichgültigkeit, Individualität, Kirche ohne Bedeutung, Stadtcharakter, Verlust der Solidarität.

 

Die Gäste zeigen Konsumhaltung, Verlust von Aktivität, Tendenz zur passiven Beschäftigung: Events, Hafentage, Kunstmarkt, Ausstellungen etc.. Die Gesellschaft wird beschäftigt, wird bespaßt, (wie die Angebote im Fernsehen = die Aufgabe der Tourismuszentrale). Dabei gilt die Quantität, die Anzahl der Besucher als das Kriterium der Bewertung, weniger dagegen Hinweise zur Eigenarbeit, eigene persönliche Anstrengung: Bücherei, Konzerte, Vorträge.

 

Ein Dorf ist gesund, wenn es Bewohner gibt, die ehrenamtlich arbeiten. Die Freiwillige Feuerwehr ist das beste Beispiel und die Betätigung im Gemeinderat, wobei es hier schon unsicher ist, ob das persönliche Interesse nicht überwiegt.

 

Verlust der Lebensqualität

Versylten ist die Gefahr

 

Leben ist Veränderung. St. Peter-Ording ist ein Ort im Übergang, denn ein Wandel ist spürbar. Der Wandel geht vom überschaubaren, dörflichen Charakter zur anonymen Stadt. Die Bewohner sind sich fremd und fremdbestimmt. Ist das der richtige Weg? Liegt die Zukunft nicht besser im Alten?

 

 

Claus Heitmann/ AGO